OGPI INFO

Die OFFENSIVE GEGEN DIE PELZINDUSTRIE löst sich auf


 

Der Kampf gegen Tierausbeutung geht weiter!

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Nach über 20 Jahren erfolgreicher Anti-Pelz-Arbeit hat sich das Kampagnenteam der Offensive gegen die Pelzindustrie (OGPI) entschieden, seine bisherige Arbeit einzustellen. Wir haben in dieser Zeit viel erreicht und möchten unsere Energie nun in Neues stecken. Mit diesem Statement möchten wir unsere Arbeit Revue passieren lassen, darlegen, was uns zu diesem Schritt bewegt hat. Wir möchten damit auch ermutigen, den Kampf gegen die Tierausbeutungsindustrie nicht aufzugeben, sondern neue Wege zu suchen und sich vielleicht auch von alten Methoden und Strukturen zu lösen. 
Und wir wollen Danke sagen, an alle, die die OGPI über die vielen Jahre unterstützt und unsere Arbeit dadurch erst ermöglicht haben. 
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Wie alles begann 

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Unter anderem von den Erfolgen der britischen Tierrechtsbewegung beflügelt, organisierten Aktive in Deutschland Ende der 1990er Jahre eine Kampagne gegen die Nerzfarm von Manfred ‚Rossi‘ Rossberger im nordrhein-westfälischen Willich-Schiefbahn. Die Kampagne wurde nach dem Muster der britischen Pressure Campaigns geführt. Ständige Demos vor der Farm, Öffentlichkeitsaktionen in größeren Städten, direkter Druck auf den Betreiber. Die Animal Liberation Front (ALF) beteiligte sich mit eigenen Aktionen an der Kampagne. Nach Monaten der Proteste gab Manfred Rossberger schließlich entnervt auf – auch weil seine Farm gegen Umweltauflagen verstieß. 
In Folge koordinierten sich Aktivist_innen der Berliner Tierrechts-Aktion (später: Berliner Tierbefreiungsaktion) im Jahr 2000 mit der Hamburger Tierrechtsaktion Nord (TAN) und mit Münchener Aktivist_innen. Ziel war es zeitgleich in mehreren Städten gegen das Bekleidungshaus C&A zu demonstrierenC&A hatte 1998 testweise Pelzabteilungen mit ganzen Pelzmänteln eingeführt.
Die zu Beginn noch vereinzelten Proteste führten zu einer breit koordinierten Kampagne. Nach rund einem Jahr erreichten sie ihr Ziel: C&A beendete den Verkauf von Echtpelz-Artikeln. 
Doch C&A war nicht das einzige Unternehmen, das versuchte nach den großen Antipelz-Kampagnen der 1980er Jahre wieder auf Pelz in den Kollektionen zu setzen. Mit Beginn des neuen Jahrtausends schlichen sich immer wieder kleine Echtpelzteile in Form von Krägen, Innenfutter oder Accessoires ins Sortiment großer Bekleidungsketten. Alles, was sich in der stark schrumpfenden Zahl an Pelzläden nicht mehr absetzen ließ, fand seinen Weg in die Regale bis dahin unverdächtiger Modehäuser. Nur diesmal war der Pelz massentauglich und oft unerkannt, teilweise gestutzt oder gefärbt. Tierrechts-Aktivist_innen erkannten, dass es Zeit war zu Handeln. 
Aus dem strategischen Zusammenschluss gegen C&A entstand die Offensive gegen die Pelzindustrie. Rund 20 Jahre lang koordinierte die OGPI Kampagnen gegen Modehäuser um diese mit Unterstützung vieler Aktivist_innen davon zu überzeugen, keine Waren mehr mit Echtpelz zu verkaufen. Auch Proteste gegen Pelzfarmen fanden immer wieder statt. Mit einer hartnäckigen Mischung aus Dauerkundgebungen und zivilem Ungehorsam sowie der sicher nicht zu vernachlässigenden Unterstützung der Animal Liberation Front, gelang es der OGPI das Thema Pelz bei jedem Unternehmen ins Gespräch zu bringen. 
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Peek&Cloppenburg

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Wie etwa während der Kampagne gegen Peek&Cloppenburg (P&C). Von 2002 bis ins Jahr 2006 gab es rund 1.500 Aktionen in Deutschland, Österreich und vielen weiteren europäischen Ländern. Vor, in und auf den Läden, bei Messeständen, Recruiting-Events und Modeschauen von P&C. Jahrelang konnte das Unternehmen nirgendwo ungestört öffentlich auftreten. Mit zunehmender Dauer gerieten auch die Manager_innen und die Eigentümer_innen von P&C in den Fokus. Homedemos, Telefonaktionstage und Online-Proteste trafen die Entscheider_innen zunehmend in ihrer Komfortzone. Spätestens da ruderte das Unternehmen zurück und beendete seinen Handel mit Echtpelz.

Durch die Vielzahl von Aktionen und Gruppen, die sich beteiligten, entwickelten die OGPI-Kampagnen eine besondere Schlagkraft. Eine Schlagkraft, welche unsere Bewegung bis dahin selten hatte und nach der P&C-Kampagne zu einem Dominoeffekt führte: Nach dem Ausstieg von Peek & Cloppenburg entschieden sich zahlreiche weitere Modehäuser aus dem Pelzhandel auszusteigen, um nicht das nächste Ziel der Proteste zu werden. Manchmal reichte dafür ein einziges Anschreiben der OGPI an das jeweilige Unternehmen, manchmal benötigte es eine Kampagnenankündigung oder einzelne Aktionstage.

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Escada-Campaign

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Mit dem internationalen Luxusmodekonzern Escada wurde die Antipelz-Arbeit auf internationale Beine gestellt. Die Zusammenarbeit mit Aktivist_innen aus anderen europäischen Ländern und den USA intensivierte sich ab 2007. Drei Jahre später war auch die ESCADA-Campaign gewonnenAuch bei anderen internationalen Modeunternehmen arbeiteten wir mit Aktivist_innen und Netzwerken aus anderen Ländern eng zusammen und führten einen Austausch über Erfahrungen und Strategien. 
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Pelz im Fokus

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Viele der Großdemonstrationen der Tierrechtsbewegung in den 2000er Jahren hatten die Pelzindustrie im Fokus bzw. waren an Kampagnen angegliedert. Die großen Proteste im Rahmen der Frankfurt-pelzfrei-Demos gegen die Pelzmesse Fur&Fashion in Frankfurt/Main etwa, die darüber hinaus auch ein Ort des Zusammentreffens großer Teile der deutschsprachigen Tierrechts-/Tierbefreiungsbewegung waren. Die OGPI-Kampagnen waren entsprechend ein gemeinsames Identifikationsmoment, eine niedrigschwellige Möglichkeit sich aktiv in globale Kämpfe einzubringen und bestärkten den überregionalen Austausch über Strategien auch über das Thema Pelz hinaus. 

Aber auch regionale Kampagnen vor einzelnen Modegeschäften führten zum Erfolg, so wie in Mittelfranken, wo nach Protesten in sozialen Medien im Jahr 2016 das Modehaus Wigner beschloss, aus dem Pelzhandel auszusteigen. 
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Regelmäßige Aufgaben und Wiedereinstiege 

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Wichtig war es für uns immer, den Überblick über die Pelzindustrie zu behalten. Wer verkauft Echtpelz, wer ist ausgestiegen und hält sich wirklich jedes Unternehmen an seine Pelz-Verzichtserklärung? Welche Modekette versucht einen klammheimlichen Wiedereinstieg? Hierfür rief die OGPI jeden Herbst zum sogenannten Pelzcheck auf. Er half insbesondere nach dem Ausstieg der großen Modehäuser dabei, diese überregional im Blick zu behalten und weitere Unternehmen zu finden, bei denen sich Kampagnen lohnen würden. Und tatsächlich versuchten Modehäuser immer wieder, erneut Pelz zu verkaufen, z.B. P&C West, die in der Wintersaison 2014/2015 mit dem Verkauf von Kaninchenfellapplikationen begannen. Entschlossene Proteste führten dazu, dass sich das Unternehmen ein Jahr später dazu entschied, den Verkauf wieder einzustellen. Seit einigen Jahren gab es nun keine größeren Wiedereinstiegsversuche mehr. Immer mehr Modehäuser sind von sich aus ausgestiegen, Echtpelz findet sich meist nur noch in einzelnen BoutiquenAuch durch kurze OnlineProteste konnten immer wieder Unternehmen überzeugt werden, keinen Echtpelz mehr zu verkaufen, wie etwa 2020 der Bergfreunde Onlineshop oder das Modehaus SINN. 
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Repression

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Die positiven Entwicklungen brachten der OGPI aber nicht nur Freund_innen. Spätestens mit einer Antipelzkampagne gegen den österreichischen Modekonzern Kleider Bauer gerieten Aktivist_innen ins Fadenkreuz der Behörden. Auf Grundlage illegaler, direkter Aktionen Unbekannter ermittelte ab 2006 eine eigens eingerichtete Sonderkommission eineinhalb Jahre gegen die bekanntesten Aktivist_innen Österreichs und sperrte sie schließlich unter dem Vorwurf der “Mitgliedschaft in einer kriminellen Organisation” (vergleichbar mit dem deuschen §129) monatelang in Untersuchungshaft. Zwar wurden spätestens im Jahr 2014 alle Aktivist_innen von allen Vorwürfen vor Gericht freigesprochen, doch die jahrelange Überwachung und die zermürbenden Prozesse hatten auch Auswirkungen auf unsere Arbeit. Weniger Ressourcen, Angst vor Behörden und höhere Sicherheitsvorkehrungen in der Kommunikation und Organisation waren die logischen Folgen des Erlebten. Die OGPI war die Jahre danach weniger offen und passte seine Arbeit den Gegebenheiten an. Unsere Erkenntnis: Wer relevante Wirtschaftszweige in Bedrängnis bringt, muss mit Repression rechnen. Und behördliche Repression ist beileibe kein Spaß. Sie zeigt aber auch, dass unsere jahrelangen Protestaktionen Wirkung zeigten, sie für Unternehmen kaum zu ignorieren sind – solange wir uns vernetzen und organisieren.
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Neue Wege

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Die Pelzindustrie ist besonders in Deutschland über die vielen Jahre immer schwächer geworden. Viele weitere Länder in Europa haben Pelzfarmen verboten oder Auflagen vorgeschrieben, die eine Pelzzucht unrentabel machen. Luxusdesigner_innen verzichten immer mehr auf Echtpelz, Modeunternehmen steigen aus ethischen und Nachhaltigkeitsgründen aus dem Pelzhandel aus. Die Pelzindustrie wird also in unseren Breiten immer weniger relevant. Global gesehen werden zwar leider immer noch viele Tiere für ihr Fell gezüchtet, eingesperrt und ermordet oder in Fallen gefangen. Daher bleibt es notwendig weiterhin gegen die Pelzindustrie zu kämpfen. Unser Einfluss hierauf ist im deutschsprachigen Raum aber beschränkt. Und auch die Tierrechts- und Tierbefreiungsbewegung, deren Aktivist_innen die vielen Aktionen während der Kampagnen ausgeführt und Pelzchecks durchgeführt haben, fokussiert sich inzwischen mehr auf andere Gebiete der Tierausbeutungsindustrie, was wir wichtig finden und unterstützen! So wie die Gesellschaft sich verändert, muss sich auch unsere Bewegung verändern. Unter anderem durch den Klimadiskurs gerät die Fleischindustrie stärker unter Druck. Die Tierrechts- und Tierbefreiungsbewegung hat hierzu sicherlich einen großen Teil beigetragen. Wir haben unsere Energie lange Zeit auf eine Tierausbeutungsindustrie fokussiert und können sie mitsamt der gemachten Erfahrungen jetzt nutzen, andere Industrien anzugehen – auf dem Weg zu einem Ende der Tierausbeutung. 

Im Rückblick betrachtet finden wir unsere Herangehensweise noch immer richtig und wichtig: Die Tierausbeutungsindustrie gemeinsam ökonomisch angreifen, anstatt individualisierter Konsumkritik 
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 Danke!!!

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Wir wünschten wir könnten mehr sagen als nur Danke. Seit 1999 wurden die Kampagnen und Aufrufe der OGPI von so unfassbar vielen Menschen unterstützt. Nur durch euch waren wir so erfolgreich! Die Stärke der OGPI war immer jede_r Einzelne und jede Gruppe, die sich beteiligte. Das Kampagnenteam der OGPI hatte dabei lediglich die koordinierende Rolle, das Wesentliche lief in den Gruppen vor Ort ab. 

Das Ende der OPGI bedeutet auf keinen Fall ein Ende unseres Kampfes gegen Tierausbeutung. In diesem Sinne: 

Until every cage is empty, bis alle frei sind!

Wir sehen uns auf der Straße!

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Mehr über zwei Jahrzehnte Antipelz-Aktivismus findet ihr hier:

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