OGPI INFO

Der Pelzindustrie an den Kragen!


52sept06Eine Nachbetrachtung zur P&C West/Anson’s-Kampagne

 

Als Peek&Cloppenburg West 2006 mit einer Pressemitteilung das Ende seines Pelzhandels verkündete, konnten es viele von uns kaum glauben: Wie oft hatten wir vor, in und auf P&C-Filialen demonstriert um sie aus dem Pelzhandel zu drängen? Wie oft haben Aktivist_innen in Filialen angerufen, Flugblätter verteilt oder nachts unerkannt Auslagenscheiben bei P&C mit blutroter Farbe markiert um den Pelzverkauf zu einem Risikofaktor in der Bekleidungsindustrie zu machen? Die Kampagne gegen P&C hatte schon 2002 begonnen; sie war lange und für viele von uns sehr kräftezehrend.

.

Als dann im August 2006 die knapp gehaltene Presseerklärung von P&C West bei der Offensive gegen die Pelzindustrie (OGPI) eintraf „Die Peek&Cloppenburg KG Düsseldorf wird für das Geschäftsjahr 2007 weder Pelze noch Bekleidung mit Pelzbesatz einkaufen“, war unsere Freude über das Einknicken des Modekonzerns natürlich dementsprechend groß: Unsere Strategien funktionieren, selbst multinationalen Modekonzernen können wir mit unseren Aktionen das Fürchten lehren! Regelmäßige Proteste vor Filialen, Unterschriftenaktionen, Telefonanrufe oder auch direktere Aktionen können Unternehmen unter Druck setzen und sie tatsächlich dazu zwingen sich mit unseren Forderungen auseinandersetzen zu müssen.

.

Schon im Herbst 2014 wurde aber deutlich, dass sowohl P&C West als auch die angegliederte Herrenmodekette Anson’s systematisch gegen ihre acht Jahre zuvor veröffentlichte Presseerklärung verstießen. In den Läden wurden Kaninchenfelle in Form von Verbrämungen, Krägen und Innenfutter von Winterjacken gesichtet. Da beide Unternehmen aber ganz klar gegen Abmachungen verstiessen und es wichtig ist Wiedereinstiege in den Pelzhandel konsequent mit Protesten zu beantworten, wurde im März 2015 zu einem ersten Aktionswochenende gegen P&C West und Anson’s aufgerufen. Bei der Entscheidungsfindung hin zu einer Kampagne spielte es auch eine Rolle, dass die Pelzpolitik von Peek&Cloppenburg wegen der langen und intensiven Kampagne bis 2006 eine Symbolwirkung hat und das Unternehmen nun – nach dem Wiedereinstieg – in keiner Weise mit sich reden ließ und jeden Kontakt konsequent verweigerte. Ziel der Kampagne war es, die beiden Schwesterunternehmen daran zu erinnern, wie es sich anfühlt Ziel einer Kampagne der Tierbefreiungsbewegung zu sein.

.

Bereits vor den koordinierten Protesten wurde in manchen Städten vor P&C-Niederlassungen demonstriert, in Berlin wurden pelzverbrämte Jacken bei P&C beschädigt sowie eine Filiale mit Buttersäure vorübergehend unbenutzbar gemacht; währenddessen wurden in Köln P&C-Werbeplakate mit pelzkritischen Sprüchen versehen. Das erste Aktionswochenende im März 2015 bescherte P&C und Anson’s weitere 17 Aktionen in 13 Städten, zahlreiche Protestmails und -Anrufe in den Zentralen und sollte ein erstes, breites Signal an die Modeunternehmen sein: Schluss mit dem Pelzverkauf!

.

Mit dem Eintreffen der Winterkollektion 2015/16, welche wieder Kaninchenpelzverbrämungen beinhaltete, wurde dann der Beginn einer neuen P&C/Anson’s-Kampagne ausgerufen: Zum Aktionswochenende als Kampagnenauftakt Anfang September 2015 demonstrierten in zwölf verschiedenen Städten in Deutschland und Österreich Aktivist_innen zum Teil lautstark gegen den Wiedereinstieg. Eine Woche später stiegen weitere Tierrechts- und Tierbefreiungsgruppen in die Kampagne ein und in Hamburg wurde der Protest direkt dorthin getragen, wo die Pelze hängen: Aktivist_innen demonstrierten durch die Anson’s Filiale in Hamburg-Wandsbek, vor den Augen der überraschten Kund_innen und überforderten Angestellten.

.

Sicher begleiteten manche von uns auch Zweifel, ob wir es schaffen könnten ein Unternehmen von dieser Größe (100+ Filialen in mehreren Ländern) noch einmal die Kaninchenfelle abzuringen, ob wir nicht woanders effektiver für die Befreiung der Tiere kämpfen könnten… Doch für Zweifel blieb kaum Zeit: Kurze Zeit später schon folgte ein zweites Go-In bei Anson’s in Hamburg und die Proteste gegen P&C West und Anson’s kamen in Schwung. Vor P&C Dortmund wurde mit Kreide am Gehsteig informiert („Wir machen euch pelzfrei!“) und jetzt wurden auch in Berlin P&C-Werbetafeln mit pelzkritischen Slogans beklebt.

.

Die „Demo für Tierrechte“ brachte im Oktober die Entrüstung vieler Aktivist_innen über den erneuten Pelzhandel bei P&C und Anson’s auch erstmals dorthin, wo solch tödliche Entscheidungen getroffen werden: Vor die P&C Zentrale in Düsseldorf. Ein Bannerdropping inklusive Wurfschnippseln, sowie Telefon- und E-Mail-Aktionstage folgten und auf den Facebook-Seiten von Anson’s und P&C West posteten täglich zahlreiche Menschen ihre Ablehnung der tierverachtenden Mode sowie blutige Bilder von den Opfern der Pelzindustrie. Aktive berichteten auch von öffentlichen Aushängen mit besonders günstigen Wohnungsangeboten oder zu verschenkenden Autos, die als Kontakt die Telefonnummern von P&C West/Anson’s angaben, um diese bei ihrer täglichen Arbeit stören zu lassen.

.

Einige Proteste später störten Anfang Dezember als Nikoläuse verkleidete Aktivist_innen den Verkauf bei P&C in Berlin und anonyme Aktivist_innen berichteten davon im Namen eines zentralen P&C-Managers zahlreiche Artikel von Online-Versänden bestellt zu haben. Rund eine Woche später wurde eine weitere direkte Aktion bekannt: Wieder in Berlin wurde ein Schaufenster verätzt und damit unbrauchbar gemacht um die Kosten für die Pelzhändler_innen in die Höhe zu treiben. Die Kampagne nahm also sehr schnell Fahrt auf und muss die Entscheidungsträger_innen bei P&C West/Anson’s sehr gut daran erinnert haben, was es heißt im Fokus von Tierrechtler_innen zu stehen: Keine Ruhe, solange Pelz verkauft wird!

.

Noch bevor die OGPI über die letzte direkte Aktion informiert wurde, traf am Freitag, den 11. Dezember 2015 eine gleichlautende Presseerklärung von P&C West und Anson’s ein, die in der Fachzeitschrift Textilwirtschaft mit „Alle Jahre wieder…“ eingeleitet wurde:

.

„Düsseldorf, Dezember 2015

Die Peek & Cloppenburg KG, Düsseldorf, hält die Selbstverpflichtung zur Pelzfreiheit seit dem Geschäftsjahr 2007 ein. Ab diesem Zeitpunkt wurden weder Echtpelze noch Bekleidung mit Echtpelzbesatz eingekauft bzw. verkauft. Kaninchenfelle waren bisher nicht Teil der Selbstverpflichtung. Sie konnten als Produktbesatz bei einem sehr geringen Teil des Sortimentes vorkommen.

Nach erneuter kritischer Prüfung hat sich Peek & Cloppenburg entschieden, ab dem Geschäftsjahr 2016 ebenso auf den Einkauf von Produkten mit Kaninchenfellbesatz zu verzichten. Altbestände werden abverkauft.“

.

Wir hatten es also wieder geschafft! Nicht einmal vier Monate nach dem offiziellen Kampagnenstart gaben P&C West und Anson’s mit ihren weit über hundert Filialen in ganz Europa „nach erneuter kritischer Prüfung“ unseren Forderungen nach und beendeten den Verkauf von Waren mit Kaninchenfellen! Unser Erfolg hat mit Sicherheit mit mehreren Faktoren zu tun: Im letzten Jahr wurde kolportiert, dass der Modekonzern P&C wirtschaftlich angeschlagen und von internen Problemen geplagt sei (Pressebericht). Auch lief der vorweihnachtliche Verkauf bereits an, traditionell die umsatzstärkste Zeit im Einzelhandel.

.

Ständig mit Protesten vor der Tür konfrontiert zu sein, gefiel sicher niemandem bei P&C West und Anson’s und bestärkte die Entscheidungsträger_innen eine „erneute kritische Prüfung“ des Pelzverkaufs einzuleiten. Vom eigentlich wichtigsten Motiv, dem Mitleid gegenüber Tieren, war nur auf unterster Ebene in den Geschäften zu hören. Es darf vermutet werden, dass auf Ebene des Managements vor allem der Umsatz einen relevanten Faktor für Entscheidungen darstellt. Und es zeigt sich auch, dass Verbesserungen für Tiere offensichtlich nur durch kämpferische Aktivist_innen herbeigeführt werden können – freiwillig passiert hier nur selten etwas.

.

Die P&C Kampagne hat ein weiteres Mal bewiesen, dass die Tierbefreiungsbewegung des deutschsprachigen Raumes handlungsfähig sein kann und fähig ist ihre Ziele zu verwirklichen. Wir sollten uns immer wieder vergegenwärtigen: Es lohnt sich zu kämpfen! P&C West, eines der größten Textileinzelhandelsunternehmen Deutschlands wurde von uns allen gemeinsam pelzfrei gemacht! Dafür wollen wir von der Offensive gegen die Pelzindustrie allen engagierten Aktivist_innen sehr herzlich danken!

.

Und wir sollten unsere Entschlossenheit gleich mitnehmen, wenn es in den aktuellen Weihnachtsaktionstagen vom 18.-24. Dezember darum geht andere Bekleidungsunternehmen zum Ausstieg aus dem Pelzhandel zu bewegen. Wo möglich, sollen sich die Proteste nun gegen Bogner, Burberry, Basler, Alsterhaus und Oberpollinger richten.

.

Nutzen wir den Erfolg der P&C West/Anson’s Kampagne und gehen wir der Pelzindustrie auch weiterhin an den Kragen!


No Comments, Comment or Ping