Im Herbst 2014 eröffnete unter Protesten das Pelzgeschäft Michelen in Braunschweig. Wenige Wochen später verhaftete die Polizei Philipp und André in der Nacht vom 24. auf den 25. Dezember unter dem Vorwurf mehrere Fensterscheiben von Michelen und anderer Unternehmen zerschlagen zu haben. Mehr als ein Jahr später wurde gegen die beiden Aktivisten im März 2016 Anklage erhoben. Neben den Sachbeschädigungen sollten sie sich auch für eine Körperverletzung an Mitarbeitern einer Wachfirma verantworten, die versuchten mehrere Menschen in der betreffenden Nacht festzuhalten.
Trotz der mehr als dürftigen Beweislage wurden Philipp und André im Mai 2016 zu Haftstrafen auf Bewährung verurteilt. Die Angeklagten legten ebenso wie die Staatsanwaltschaft Widerspruch gegen das Urteil ein. Ab dem 23. November startet nun der Berufungsprozess vor dem Landgericht Braunschweig.
Tierbefreiungsaktivist_innen in Niedersachsen sehen sich bereits seit mehreren Jahren einer verstärkten Repression ausgesetzt (Chronik). Mit Telefonüberwachungen, dem Einsatz eines Spitzels und wiederholten Anklagen richteten sich die Maßnahmen insbesondere gegen die Kampagne gegen Tierfabriken, in deren Umfeld auch Philipp und André aktiv sind. Während unzählige Tiere durch die Fleisch- und Pelzindustrie gefangen gehalten und getötet werden, wird denjenigen der Prozess gemacht, die ihre Stimme gegen die erbarmungslose Ausbeutung von Tieren erheben.
Wir, die Offensive gegen die Pelzindustrie, solidarisieren uns mit Philipp und André und fordern die sofortige Einstellung der Verfahren. Wir unterstützen den Aufruf der Kampagne gegen Tierfabriken zur Solidarität mit den Angeklagten!
Aufruf zur Solidarität mit den Tierbefreiungsaktivisten in Braunschweig: Hier lesen.
Aktionen in Braunschweig:
- Di. 22.11. – Kundgebung gegen „Michelen“ – 16 Uhr – In der Poststraße vor dem Pelzgeschäft
- Mi. 23.11. – Kundgebung vor Prozessbeginn – 09:45 Uhr – Haupteingang Landgericht Braunschweig
- Mi. 23.11. – Prozessbegleitung beim Berufungsprozess – 10:30 Uhr – Landgericht Braunschweig
Erklärung von André und Philipp am Ende des ersten Prozesses (Mai 2016)
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Da sich das Amtsgericht Braunschweig in der Vergangenheit des öfteren schwer damit getan hat, den Unterschied zwischen einer solchen Erklärung und einem Geständnis anzuerkennen, muss folgendes voran gestellt werden: Diese Erklärung ist kein Geständnis. Wir schildern hiermit lediglich nur unseren Standpunkt zu der uns vorgeworfenen Sachbeschädigung.
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Ende Dezember 2014 sollen in einer Einkaufspassage bei drei neben einander liegenden Geschäften Scheiben zerstört worden sein. Mehrere Scheiben verlor das Pelz-und Ledergeschäft Michelen und jeweils eine Scheibe ging bei den Geschäften Milkau und Ernstings Family zu Bruch.
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An solchen Scheiben drücken sich täglich zahlreiche Menschen, auf der Suche nach dem Neusten und Billigstem, ihre Nasen platt. Beim schlendern durch die Konsumwelt denken die wenigsten an die negativen Auswirkungen die die aktuell existierende kapitalistische Produktionsweise der Waren auf Menschen, Tiere und Natur hat. Viele Arbeiter*innen in den Fabriken – egal ob in Tierhaltungsanlagen, in Textilfabriken oder sonst wo – schuften oft unter katastrophalen Bedingungen und werden um ihren Lohn betrogen. Die Regale und Tierfabriken sind übervoll und die Müllcontainer quellen über mit dem was keinen Profit mehr bringt. Unzählige Tiere werden ihrer Selbsbestimmung beraubt und massenweise getötet. Die Ressourcen ungerecht verteilt. Die Natur zerstört und vergiftet. Widerstand gegen- oder kritisches Hinterfragen dieser Zustände, in denen auf Grundlage von Ausbeutung und Zerstörung produziert/gehandelt wird, soll nicht aufkommen. Es soll gekauft werden und den Veränderung vorgaukelnden Imagekampagnen der Konzerne und Gesetzen der Justiz vertraut werden, anstatt über wirkliche Alternativen hin zu einer nachhaltigen und solidarischen Produktionsweise nachzudenken und diese zu erkämpfen.
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Warum sich also so viel Mühe um irgendwelche kaputte Scheiben in einer Einkaufspassage machen? Warum sich auf Leute stürzen wo mensch denkt, die hätten dort Scheiben zerstört? Stürzt euch auf das, was Leben ausbeutet und zerstört. Wir sehen den Bruch in der Schaufensterscheibe als Bruch in der vorherrschenden Konsumnormalität, der den_die Konsument_in vielleicht daran erinnert, dass am Schein der heilen Konsumwelt etwas nicht stimmt. Im Kapitalismus kann es keinen „guten Konsum“ geben, denn in diesem zählt die Profitmaximierung über allem anderen.
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Aus: “Prozess gegen zwei Tierbefreiungsaktivisten endet mit hohen Strafen” (Kampagne gegen Tierfabriken, Niedersachsen)
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